Sonntag, 16. November 2014

Verkehr im Naherholungsgebiet

Quelle: Wikipedia

Viele Städte stehen an Flüssen und ihre Stadtteile dehnen sich an beiden Seiten des Gewässers aus. Früher oder später entsteht dann ein Problem der Verbindung der Stadtteile. Als Folge werden Brücken errichtet.

In Ingolstadt gibt es sieben Querungsmöglichkeiten über die Donau: Die Autobahnbrücke, die Schillerbrücke, die Eisenbahnbrücke, der Donausteg zum Klenzepark, die Konrad-Adenauer-Brücke, die Glacisbrücke und die Staustufe. Einige davon sind gewissen Mobilitätsformen vorbehalten. Die Autobahnbrücke ist für Benutzer der Autobahn, die Eisenbahnbrücke natürlich den Zügen, der Donausteg und die Staustufe für Passanten und das Fahrrad frei gegeben. Es bleiben noch drei Brücken übrig, die von allen Verkehrsteilnehmern genutzt werden können.


“If you plan cities for cars and traffic, you get cars and traffic. 
If you plan for people and places, you get people and places.”
- Fred Kent

Ingolstadt hat in den letzten Jahren ein hohes Aufkommen an motorisiertem Individualverkehr entwickelt. Regelmäßige Staus an der Glacisbrücke und der Westlichen Ringstraße sind die Regel. Es standen schon viele Ideen zur Diskussion, um diesem Problem entgegen zu wirken. Bei einem Vorschlag sollte eine weitere Brücke in der Nähe von Gerolfing gebaut werden, die durch den Auwald eine Schneise schlägt. Auch eine Untertunnelung wurde schon vorgeschlagen. Seit neuestem ist die Staustufe als alternativer Verkehrsweg ins Gespräch gebracht worden. Der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) soll mit Hilfe dieser Staustufe in einem Ring um Ingolstadt Fahren können. Diese Route würde im besten Fall 3 Kilometer und im schlechtesten Fall 5 Kilometer durch das Naherholungsgebiet Baggersee führen. 



Quelle: http://www.bayern-aus-der-luft.de


Nach neustem Vorschlag soll nicht nur der ÖPNV hier Fahren, sondern auch der motorisierte Individualverkehr. Das soll den Stau an der Glacisbrücke verringern und einen schnelleres Vorankommen ermöglichen. Den Vorantreibern dieser Idee ist nur noch das Naherholungsgebiet Baggersee das "größte Hindernis" (Zitat Blickpunkt Ausgabe KW46/14). Ein Naherholungsgebiet als Hindernis zu bezeichnen zeigt, wie bei solchen Verkehrsideen Schwerpunkte gelegt werden. Es ist unverständlich, wie man Naturräume und Naherholungsgebiete als Problem bezeichnen kann.


Adding lanes to solve traffic congestion is like loosening your belt to solve obesity.

Lewis Mumford

Wir renaturieren Flüsse und geben diesen den Freiraum den sie brauchen zurück, weil wir aus Fehlern gelernt haben. Gleichzeitig warnen Forscher vor einer Versiegelung unserer Umwelt. Immer mehr Bodenfläche wird durch Verkehr in Beschlag genommen. Im Vergleich sind 5 % der Fläche Deutschlands für den Verkehr bestimmt, 2,4 % für Gewässer 7,2 % Siedlungen und 30,2 % sind dem Wald vorbehalten. Es muss aufgehört werden, unseren eigenen Lebensraum zu zerstören und begonnen werden, bestehende Verkehrswege zu optimieren, sowie unser Verhalten im Verkehr zu überdenken. Je mehr Straßen wir bauen, desto mehr Verkehr werden wir bekommen. 



Quelle: Wikipedia

Die Glacisbrücke wird immer als Fehlplanung bezeichnet, da diese Brücke als Auslöser für den Stau gesehen wird. Das ist aber falsch, es sind die Verkehrsmassen die eine Verstopfung hervorrufen. Es wird an dieser Stelle so lange Stau geben, wie es für viele Ingolstädter bequemer, einfacher und schneller ist sich hinters Steuer zu setzen, als den ÖPNV oder das Fahrrad zu benutzen.








http://www.fairkehr-magazin.de/4_2014_verbaut_und_zersiedelt.html

http://verkehrt.info/2009/11/28/wer-strassen-saeht-wird-verkehr-ernten/








Montag, 10. November 2014

Lustwandel an der Donau


Der Sonntagsspaziergang (Carl Spitzweg)

Von der frühgeschichtlichen Notwendigkeit des Zufußgehens, aus Mangel an Alternativen, hatten die Leute eigentlich schnell die Nase voll.Doch während die armen Schlucker auch im späten Mittelalter noch durch den städtischen Kotschlamm waten mussten, fanden die Aristokraten wieder Gefallen am Lustwandel durch barocke Schloßparks. Im Zuge der Aufklärung begann schließlich auch die breite Maße zu flanieren und zu promenieren um körperliche Bewegung, frische Luft und Sonne zu genießen sowie vor allem, um soziale Kontakte zu knüpfen.So entstanden bald öffentliche Parks und Promenaden, zuerst in Kurorten und touristisch bedeutenden Orten, später fast überall wo man sich vom Boom des Spazierengehens anstecken ließ.
Das Flanieren wurde abgelöst vom Konsumieren

Ein besonders „ansteckender“ Zeitgenosse und leidenschaftlicher Spaziergänger war übrigens Goethe („Ich ging im Walde so vor mich hin, und nichts zu suchen, das war mein Sinn“).Bekanntlich trifftsein Faust ausgerechnet beim Osterspaziergang auf den Teufel Mephisto in Gestalt eines seltsamen schwarzen Pudels.Goethes literarische Erben führen diese Tradition fort. In vielen Klassiker der Weltliteratur wird auf Teufel komm raus gelustwandelt. In den Werken von Jane Austen, Dostojewski und vor allem Laclos „Gefährlichen Liebschaften“ bilden Promenaden und einsame Schloßgärten die Kulisse für perfide Intrigen, ausschweifende Liebesschwüre und sogar Revolutionen. Inder ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde dann mehr marschiert als flaniert. Spätestens seit der Nachkriegszeit eroberten jedoch die Autos den freigewordenen Platz in vielen deutschen Innenstädten und in den Köpfen der Leute.Heute fährt die Mehrheit mit dem Auto raus in die Natur um spazieren zu gehen.Das Flanieren wurde außerdem abgelöst vom Konsumieren. Kaufhäuser und Einkaufszentren wurden die neuen Parks („Westpark?“). Der Begriff Fußgängerzone zeigt den Niedergang der Promenaden und Flaniermeilen am besten. Zonen erinnern doch eher an Todesstreifen und kündigen verkehrstechnisch kritische Bereiche an, nach dem Motto: „Achtung, hier könnte ein dreister Fußgänger Ihre schöne Autofahrt stören!“ Ein Stadtpark, das ist für viele inzwischen„da wo die Türken grillen“, und ohne öffentliche Sitzbänke müsste man sich weniger über die Obdachlosen ärgern! Was ist bloß schiefgelaufen und wie lange dauert es noch bis alle Stadtbewohner am Kaspar-Hauser-Syndrom (Verhaltensstörung durch völligen Reizentzug) leiden, man kennt das z.B. von eingesperrten Tieren im Zoo, die mit starrem Blick im Kreis laufen und dabei ununterbrochen mit dem Kopf wackeln.Bei einigen genervten Autofahrern kann man das Kopfwackeln schon beobachten!

Achtung, hier könnte ein dreister Fußgänger Ihre schöne Autofahrt stören!

Es gibt Hoffnung. Dermoderne Urbanismus kennt eigene Wissenschaften wie die Promenadologie(Strollology) und propagiert die Rückkehr von Rundwegen(Loops) und Spaziergängen als Forum für Kontaktaufnahme, Umweltwahrnehmung und bewusste Entschleunigung. Einer der ältesten Gründe für einen Spaziergang im Freien wird heute wichtiger denn je.Es ist die Möglichkeit, mit jemandem ein intimes Gespräch zu führen ohne gestört oder gar belauscht zu werden.Die Lust am Lustwandel kommt zurück.

Für Ingolstadt besteht die historische Chance zur Steigerung der Aufenthaltsqualität und Wiederbelebung der vernachlässigten Innenstadt. Mit einem Naherholungsgebiet an der Donau und dem konsequente nAusbau von Fuß-/Fahrradwegen sowie durchgängigen Promenaden im städtischen Raum entsteht Attraktivität für Anwohner und Besucher. Gute Vorschläge z.B. die Verkehrsberuhigung rund um das Münster, die Neugestaltung der Harderstraße, ein Skulpturenpark an der Tränktorstraße oder die Umgestaltung der Schloßlände zur besseren Verbindung zwischen Stadt und Fluß gibt es ja inzwischen.

Der Donau-Loop ist Naherholung im Zentrum

Gerade die Donau hat das Potenzial unser Lebensumfeld in Ingolstadt positiv zu verändern und der Stadt mehr Identität zu verleihen. 2011 wurde aus vielen Einzelideen und Wünschen zur Belebung des Donauraumes das Konzept des Stadtparks Donau geboren. Beauftragt durch die Stadt Ingolstadt, entwickelt von OFICINAA und unterstützt durch die Freunde der Donau. Dabei handelt es sich um die Verbindung aller bestehenden Parks und Uferauen an der Donau, mit dem Ziel ein Naherholungsgebiet im Zentrum der Stadt zu schaffen (Beispiel Englischer Garten München).Der Donau-Loop ist ein erster Baustein hierfür und beinhaltet ein System zusammenhängender Rund- und Spazierwege entlang der Donau. Zentral gelegen und für nahezu alle Ingolstädter zu Fuß oder mit dem Fahrrad erreichbar, verbindet der Donau-Loop die angrenzenden Stadtviertel. Die einheitliche Farbgebung und Gestaltung des Weges sollen für Wiedererkennung sorgen. Neben dem unschätzbaren Wert für die Ingolstädter soll der Donau-Loop auch die ca. 50.000 Donauradwanderer, die jährlich durch unsere Stadt radeln, für Ingolstadt begeistern und für einen Besuch der Altstadt gewinnen.

Die Gestaltungsideen konnten die Ingolstädter bereits im Rahmen einer Ausstellung im Museum für konkrete Kunst (MKK) besichtigen. Die Detailplanung und Entscheidung durch den Stadtrat stehen für 2015 an.

Wir freuen uns jedenfalls auf die Wiederentdeckung des Spazierengehens. Egal ob nach alter Sitte, in tadelloser Sonntagskleidung mit möglichst vollzähliger Familie, oder einfach um uns frei nach Goethe unsere schwarzen Pudel auszuführen.


Donau-Loop Ausstellung (A. Häusler OFICINAA)
 Donau-Loop Ausstellung (A. Häusler OFICINAA)
Donau-Loop Ausstellung (A. Häusler OFICINAA)
Donau-Loop Ausstellung (A. Häusler OFICINAA)