Quelle: autogazette.de / Maserati
PROLOG
Kleine Zahlenkunde! Schätzungen von Verkehrsinstituten zu Folge kommen auf jeden zugelassenen PKW in Westeuropa ca. 2-3 fest angelegte Parkplätze. Bei einer Bruttofläche je Parkplatz in Deutschland von durchschnittlich 18,9m² belegt ein Auto hier also ca. 47m², und damit mehr Raum, als den Deutschen durchschnittlich als Wohnraum zur Verfügung steht (45m²/Einwohner in 2013). In den USA gehen Experten (Martin Randelhoff, Green P) von ca. 5 Parkplätzen je PKW aus, demnach wohnt ein Auto in den USA also alleine in einer geräumigen 4-Zimmer Wohnung (ca. 95m²)!
Das
bedeutet, der Großteil der Parkplätze wird auch von den Steuerzahlern / Kunden /
Arbeitnehmern finanziert,
die gar kein Auto besitzen und stattdessen täglich mit dem Fahrrad
oder öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs sind!
Die
IFG (100% Tochter der Stadt Ingolstadt) bietet im inneren Stadtgebiet von Ingolstadt rund 6600 größtenteils kostenpflichtige
Parkplätze an. Der Westpark wirbt mit 3300 kostenfreien Parkplätzen und das
Village Ingolstadt
mit 1700! Das alleine entspricht brutto ca. 220.000m² Parkfläche bzw.
verdrängte Wohnfläche. Zum Vergleich wären das
ca. 44 Fußballfelder!
Ein Ende der wachsenden Parkplatzzahlen ist nicht in Sicht. Denn die Zahl der Berufspendler (Arbeitsweg
>5km) ist in Deutschland in
den letzten 10 Jahren um mehr als 10% gestiegen. Fast 70% der Deutschen greifen
dabei auf den PKW zurück,
obwohl die Fahrt mit dem Auto, bei gleichbleibender Strecke, immer länger dauert
oder anders, die Durchschnittsgeschwindigkeit wird
langsamer. Interessant, wenn man auch bedenkt, dass
PKWs täglich durchschnittlich weniger als 1 Stunde bewegt werden, also 23 Stunden eh nur
rumstehen!
DRAMA
Parken
oder nicht parken, das
ist hier die Frage! Und, welches ist das größere Drama, die
zugeparkten
Lebensräume
oder die riesigen
Totflächen in unseren
Städten? Ein großes Problem dabei ist die Tatsache, dass
viele öffentliche Parkplätze auf Spitzenzeiten ausgelegt werden. Nach Ladenschluss
bzw. Feierabend, in der Regel zwischen 19.00 Uhr und 07.00 Uhr, sind Parkplätze
einfach nur asphaltierte Wüsten!
Vor
diesem Hintergrund muss man aktuelle Stadtentwicklungen kritisch hinterfragen. In Ingolstadt werden die Arbeits- und Wohnviertel weiterhin
strikt getrennt, Ballungsräume für Arbeitsplätze konzentrieren sich immer stärker im
Nordwesten der Stadt und
dort entsteht
ein gigantisches
Parkhaus nach dem Anderen. Die Folge sind Verkehrsprobleme in Stoßzeiten sowie hohe Ausgaben für z.B. Unterführungen und Hochkreisel!
Die Parkflächen im Nordwesten, rund um die Audi AG, nehmen ständig zu.
Platziert man diese Flächen
beispielhaft, im gleichen Maßstab, in
der Ingolstädter Altstadt, werden die Dimensionen noch deutlicher (siehe Grafik). Die
Parkflächen der Audi-Mitarbeiter würden die gesamte Altstadt füllen!
Andererseits gibt es rings um die Verkehrsknotenpunkte Haupt- und Nordbahnhof, kaum größere Arbeitgeber. Am Nordbahnhof wurden kürzlich neue Rangiergleise gebaut, anstatt auf dieser Fläche z.B. einen zentrumsnahen Büropark (siehe Gewerbegebiet Gaimersheim) mit perfekter ÖPNV-Anbindung zu realisieren. Braucht Ingolstadt wirklich 2 Güterbahnhöfe im Stadtbereich oder eher eine bessere Verteilung von Arbeits-, Gewerbe- und Wohnflächen?
Das
Park and ride Konzept soll bekanntermaßen für Verkehrs- und
Parkplatzentlastung in Innenstädten sorgen. Wie das Beispiel Freiburg
zeigt, werden große Parkflächen am Stadtrand genutzt und ein ÖPNV-Transfer in
die City angeboten.
Quelle: vag-freiburg.de
In
Ingolstadt befinden sich die extra ausgewiesenen Park and ride Parkplätze
jedoch schon im Bereich der Innenstadt, ein Bustransfer
z.B. vom Volksfestplatz in die Altstadt ist bestenfalls nett gemeint,
aber leider eine Themaverfehlung!
Quelle: ingolstadt.de
Ganz ohne Autos wird es wohl nicht gehen und auch öffentliche Parkplätze wird man weiterhin brauchen. Trotzdem denkt man in anderen Städten
bereits seit langem über
die menschenfreundliche Stadt,
über bezahlbarem
Wohnraum (z.B. ohne
Stellplatzbindung) und über die Attraktivität von Innenstädten nach. Weltweit sind Initiativen wie Transition-Town, Comunita nuova oder die Degrowth- und Slowcity Bewegungen aktiv und fordern Bürger auf, sich aktiv in die Gestaltung ihrer Lebensräume einzumischen.
EPILOG
Ein Umdenken, weg von der Autostadt, liegt also letztlich nicht in den Händen der Verwaltung
oder der
Lokalpolitik. Nein, wir müssen uns und unser Mobilitätsverhalten ändern, um die richtigen Signale zu setzen. Politik
und Verwaltung sollten dazu allerdings auch die nötige Offenheit zeigen und Änderungsbereitschaft
fördern. Schön wäre z.B. ein Anreiz für Jeden, der für den Weg zur
Arbeit auf´s Fahrrad oder den ÖPNV umsteigt, anstatt weiterhin das Geld für mehr Straßen und Parkplätze zu verschwenden.
Wer Straßen und Verkehr ausbaut, wird
Straßen und Autos bekommen. Wer Plätze für
Menschen baut, wird Plätze und Menschen
bekommen. (Fred Kent)
Das
bedeutet auch, wer Radwege und ÖPNV ausbaut, wird Radfahrer und Menschen, die
mit dem Bus
fahren,
bekommen. Leider ist in
Ingolstadt aktuell genau das Gegenteil der Fall.
Bereits geplante Kürzungen beim ÖPNV werden immer
mehr Menschen dazu bewegen das Auto zu nutzen!
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